The Delilahs

Die Heldinnen des New Wave und Post-Punk, die es spielend fertig brachten, gleichzeitig imposant und sexy zu sein. Schuld daran sind Muriels Eltern, aber dazu später mehr.

Biografie

„Ich bin ja erst neunzehn“

Muriel Rhyner erwähnt ihr Alter immer mal wieder zur Erklärung. Nicht verteidigend, sondern in einer nüchternen Woher-soll-ich-das-denn-wissen? Art. Es ist auch gut, daran erinnert zu werden. Denn Muriel, Leadsängerin, Songwriterin und Bassistin von The Delilahs, ist keine gewöhnliche Neunzehnjährige. Sie ist wild entschlossen, nie verlegen und verfügt über einen B.A. (Bachelor of Artrock, was sonst?) in Punk Rock; Nebenfach: Die Heldinnen des New Wave und Post-Punk, die es spielend fertig brachten, gleichzeitig imposant und sexy zu sein. Schuld daran sind Muriels Eltern, aber dazu später mehr.

Zunächst: Bühne frei für The Delilahs, ein Frauentrio aus Zug (Schweiz), bestehend aus Isabella Eder (Gitarre), Sonja Zimmerli (Schlagzeug) und der erwähnten Muriel Rhyner. 14 Konzerte haben sie bislang gespielt. Darunter Auftritte im Vorprogramm der Stereophonics (ihr viertes Konzert!), Black Rebel Motorcycle Club und Sons And Daughters. Diese Konzerte sind für die drei Damen von grosser Bedeutung, denn mehr als alles andere sind The Delilahs eine bezaubernde live Rock’n’Roll Band: laut, eindringlich, raffiniert – wie vom Pop Himmel geschickt.

Sie sind alle noch U-21 und versessen auf Rock’n’Roll, Fussball, England, Rock’n’Roll, Jungs, Mädchen, Rock’n’Roll – und Sich-Auskotzen. Ja, wirklich. Wer bei Songs wie Trouble With Mondays oder Coming Back genauer hinhört, wird dem Sich-Übergeben mehrmals begegnen. So etwa im kultverdächtigen Zweizeiler in Coming Back: „You had to ask me a stupid question/Without a thought for my weak digestion.“ Brechreiz scheint dich zu beschäftigen? „Ganz genau!“, ruft Muriel mit einem gewinnenden Lachen aus. „Unser Manager nennt mich „Mu The Spew!“ Ich meine damit nicht bloss das Erbrechen, wenn man etwas Falsches isst oder trinkt. Alles schlechte, das du aufnimmst, auch Gedanken, landet in deinem Magen. Irgendwie musst du es da wieder raus bekommen.“

Die schlechten Dinge des Lebens rauszulassen ist allemal Grund genug, eine Band zu gründen. Doch The Delilahs haben ihre Wurzeln auch in Muriels Bewunderung für die Plattensammlung ihrer Eltern. „Sie liebten Punk und New Wave und haben mich in die Welt von X-Ray Spex, The Clash, The Jam, The Cure und Konsorten eingeführt. Diese Musik wollte mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich war damals elf Jahre alt und meine Mutter schlug vor, dass ich in der Band meines Bruders mitmache. Zuerst spielte ich Keyboard, aber als ich 14 war, zog es mich an den Bass. Etwas Ernsthaftes war diese Band nicht, aber zu dieser Zeit habe ich damit begonnen, Songs zu schreiben und zu singen.“

Isabella und Sonja hat Muriel 2003 in der Schule in Zug kennen gelernt. „Ich wollte immer schon eine Girlband haben. Aber dort, wo ich herkomme, ist es schwierig, Mädchen zu finden, die ein Instrument spielen. Sonja und Isabella hatten mitbekommen, dass ich in einer Band spielte und fragten mich, ob ich mit ihnen spielen wollte. Wir probten einmal, wir hatten Spass – und schon waren wir eine Band.“

The Delilahs stehen in einer langen Tradition illustrer Power Trios: The Jam, The Police, Husker DuÖ“Mehr als drei brauchen wir nicht, mehr will ich gar nicht,“ sagt Muriel mit Bestimmtheit. „Als Power Trio musst du dir aufregende Gitarrenlinien, Basslinien oder Drum Patterns einfallen lassen. Du musst deine Songs besonders gut schleifen. Nirvana? Na ja, Isabella verehrte den Gitarristen! Aber sie haben uns nicht beeinflusst. Dafür waren sie zu Mainstream in der SchweizÖ“

Was du nichts alles erzählst! Bevor wir aber zulassen, dass Mu zu überheblich wird, sollten wir mal betonen, dass die Schweiz nicht mehr als eine Handvoll grosse Rockgruppen hervorgebracht hat. Die Young Gods, selbstverständlich. Und Yello, klar. Dazu Krokus und Celtic Frost; ‘To Mega Therion’ war revolutionär! Dann waren da noch Kleenex/Lilliput: Die waren auch grossartig. Aber sonst? Muriel gibt zu bedenken, dass es wirklich schwierig ist zu rocken in einem Land, in dem die Menschen durchschnittlich ein Viertel ihres Einkommens für Versicherungen ausgeben.

Welche Bands haben euch denn beeinflusst, Muriel? „The Pretenders und Blondie, definitiv. Starke Leadsängerinnen, grossartige Songs. Und in letzter Zeit? Maximo Park sind umwerfend. Ich liebe ihre Art, Songs zu schreiben und wie sie spielen. Wir haben sie in Zürich live gesehen. Nach dem Konzert haben wir uns kurz mit ihnen unterhalten und ihnen ein paar Flyers gegeben. Sie haben uns erkannt und versprochen, sie hätten unsere Flyers in ihrem Tourbus aufgehängt! Ich mag auch The Duke Spirit und Sons And Daughters. Aber die haben uns eher beeindruckt als beeinflusst.“ Wer britischen und amerikanischen New Wave so verehrt, kann kaum anders als selber Texte auf Englisch zu schreiben. („Ob es schwierig ist? Nein, eigentlich nicht. Ich hätte mehr Schwierigkeiten auf Deutsch zu schreiben. Wenn ich mal ein Wort nicht weiss, frage ich einfach jemanden.“).

Keine Frage, die ersten Songs der Delilahs sind exquisiter Teen-Rock. In der Debutsingle „This Is It“ gehe es darum, „eine vorübergehende Depression zu zelebrieren,“ erklärt Muriel. Zum wunderschönen Trouble With Mondays sagt sie: „Niemand kann Montage leiden. Aber der Song dreht sich auch darum, dass mein Freund sich überhaupt nicht um mich kümmert. Am Wochenende betrinkt er sich masslos und erwartet dann von mir, dass ich sein Hemd bis Montag wieder sauber mache. Grundsätzlich schreibe ich über drei Arten von Jungs. Einer ist der langweilige Ex-Lover. Einer ist ein Typ, der Frauen ausnutzt; Ich verliebe mich in ihn, stelle aber fest, dass ich Nummer vierhundertzwölf bin. Und der dritte? Den habe ich noch nicht getroffen bis jetzt.“

Beziehen sich die ersten beiden auf reale Personen? „Teilweise. Manchmal schreibe ich über mich, manchmal schreibe ich darüber, was meinen Freundinnen passiert. Ich bin ja erst neunzehn. So viele Männer hatte ich noch nichtÖ“

Hast du überhaupt Zeit für eine Beziehung? „Es ist schwierig, um ehrlich zu sein. Aber wenn die Liebe stark genug ist, dann ist es möglich. Wir sind alle in festen Händen und unsere Freunde haben Verständnis dafür, dass die Musik für uns einen solch grossen Stellenwert hat. Sie unterstützen uns sehr.“ Puh, Glück gehabt.

Im erfrischend schrägen One-Nil („Four-one is better than one-nil at home/And long live the pissheads that leave me alone“) verwendest du Fussball als Metapher, richtig? „Nein.“ Oh. „Der Text ist nicht besonders tiefgründig. Er beschreibt einfach die Stimmung in einem Pub nach einem Fussballspiel. Ich liebe Fussball, ich habe acht Jahre selber gespielt.“ Lassen wir gelten. Aber was ist mit dem Refrain von Shadows? Wohl die schnellste und schroffste Abfuhr der Pop Geschichte. „Met him/Don’t want you.“ „Ja, da geht es um den langweiligen Ex-Lover.“ Aber fünf Worte, das ist brutal! „Was gibt es mehr zu sagen?“

Ja, was mehr? Auch in Wirklichkeit dürften The Delilahs langsam geübt sein im Abwimmeln von unerwünschten Männern. Denn, hey, das ist kein Geheimnis: Muriel, Isabella und Sonja sind talentiert, sie sind jung, weiblichÖund irgendwie umwerfend.

Machst du dir Gedanken darüber, dass einige Leute dich nur als gekünstelte Pop-Tussi sehen könnten? „Einige wenige Leute haben ins Gästebuch auf unserer Website geschrieben, wir würden nur gut aussehen“, überlegt Muriel, verständlicherweise etwas befremdet. „Wir wollen die Leute mit unserer Musik überzeugen. Wenn wir dazu gut aussehen, gut. Aber wir wollen nicht damit die Aufmerksamkeit auf uns ziehen.“

Ein Album haben The Delilahs zwar noch nicht veröffentlicht. Auf ihre Musik verzichten müssen die Fans dennoch nicht. Auf der Website www.thedelilahs.com stehen nicht weniger als zehn Songs als Demo-Versionen zum Download bereit. „Wir wollen für unsere Fans greifbar sein und nicht hoch oben auf einem Podest stehen,“ erklärt Muriel. „Wir wollen ihnen auf Augenhöhe begegnen, schliesslich sind wir ja alle gleich. Es kann natürlich sein, dass einige Leute unsere Songs nur herunterladen und dann das Album nicht kaufen. Doch, ich glaube, sie werden es kaufen; denn das Album wird um einiges besser klingen.“

So viel zum Hier und Jetzt. Was aber hält die Zukunft noch bereit für diese Natural Born Rockettes? Wie weit können es The Delilahs bringen? Wie weit wollen sie es bringen? „So weit wie möglich. Was im Moment alles passiert, ist unglaublich. Unser Teamgeist ist ausgezeichnet. Ich will, dass die Leute uns sehen und denken: Die sind schon sehr gut, aber sie werden noch besser werden. Wir werden uns verändern und weiterentwickeln, wenn wir älter werden.“

Muriel macht eine Pause. Sie überlegt kurz, was es eigentlich bedeutet, so jung und so talentiert zu sein – und entschliesst sich, uns nochmals daran zu erinnern: „Ich bin ja erst neunzehn...“ 

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Die Band

  • muriel rhyner: bass/gesang
  • isabella eder: gitarre
  • sonja zimmerli: schlagzeug
 
 
Musiker gesucht - Johnny Werren's Play Music Agency